Beitrag in der NZ von Dr. Regina Geiß-Dreier
Am heutigen 4. Dezember ist Barbara-Tag. Bei den Bergleuten, bei der Bundeswehr, bei der Artillerie, der Feuerwehr und bei verschiedenen anderen Berufsgruppen wird an diesem Tag der heiligen Barbara gedacht. Die Schutzheilige und Märtyrerin zählt zu den 14 Nothelfern, die bei Gewitter, Feuer, Krankheit und Tod helfen und retten sollen. Welche Verbindung die heilige Barbara zu Schloss Oberstein hat, erklärt die Prähistorikerin Regina Geiß-Dreier, die dort oben seit Monaten gräbt und forscht.
„Der Legende nach lebte Barbara, eine junge, sehr hübsche Frau, Ende des 3., Anfang des 4. Jahrhunderts in der römischen Stadt Nikomedia, dem heutigen Izmit, rund 100 Kilometer südöstlich von Istanbul gelegen. Von ihrem Vater Dioscuros wurde sie in einen Turm gesperrt, um sie von Verehrern und christlichen Religionsanhängern fernzuhalten. Dennoch konnte sie entfliehen. In einem Felsspalt, der sich wundersam im Gestein öffnete, versteck‐ te sie sich. Deshalb ist sie die Patronin der Bergleute.
Vom Heiligen Geist erleuchtet, ließ sie sich gegen den Willen des Vaters christlich taufen. Dies bedeutete im heidnischen römischen Reich das Todesurteil. Sie wurde verraten, gefangen genommen, auf schlimmste Art gefoltert und schließlich zum Tode durch Enthauptung mit dem Schwert verurteilt. Ihr Vater, der sie eigenhändig tötete, soll dabei vom Blitz getroffen und verbrannt sein.“
Aber was hat die heilige Barbara mit den Herren von Burg und Schloss Oberstein zu tun? Die Verehrung der heiligen Barbara war bereits im 14. Jahrhundert bei den Bergleuten in Böhmen, Sachsen und Schlesien weit verbreitet. Archäologische Funde vom Obersteiner Schloss weisen nun darauf hin, dass auch die Herren von Daun-Oberstein die Schutzpatronin kannten und verehrten.
„Wie wir wissen, gehörte zu einem behaglichen Wohnkomfort im 14. Jahrhundert in den Privatgemächern der Burgherren auch ein Kachelofen. Bei den Sanierungsarbeiten und Ausgrabungen in den Jahren 1983 bis 1992 wurden zahlreiche Fragmente verschiedenster Ofenkacheln gefunden. Besonders interessant sind die grün oder gelb glasierten Nischenkacheln, auch Halbzylinderkacheln genannt, deren oberes Kachelblatt reich mit Reliefs verziert ist, zum Beispiel Figuren, Tieren, Fabelwesen, Ornamenten oder Blatt- und Blütenmotiven“, erläutert Regina Geiß-Dreier.
Auf Fragmenten von fünf Nischenkacheln entdeckte die Archäologin auch das Motiv der heiligen Barbara. Sie ist an ihren typischen Attributen zu erkennen: der Krone, dem Turm, einem Kelch mit Hostie, einem Schwert, einem Palmenzweig oder einer Pfauenfeder. „Auf den Obersteiner Kacheln ist die Barbara jeweils in der oberen linken und rechten Ecke in einem langen Gewand mit Krone dargestellt. In der linken Ecke hält sie in der rechten Hand eine Feder oder ein Schwert und in der rechten Hand den Turm. Rechts daneben erkennt man einen stilisierten Kelch mit Hostie. In der rechten Kachelecke hält sie in der Linken eine Feder, in der Rechten ein fünfspeichiges Rad. Die Kacheln können aufgrund von Vergleichsfunden anderer Burgen etwa ins 14. Jahrhundert datiert werden.“
Doch in welcher Funktion verehrten die Nachfahren Wirichs I. die heilige Barbara? Wurde sie „nur“ als Schutzheilige in der Not (bei Blitz, Feuer, Krankheit et cetera) angerufen, oder hatte sie auch schon in Verbindung mit dem Bergbau eine Bedeutung, denn Erze gibt es in unserer Region reichlich? Sie wurden bereits von den Kelten und Römern abgebaut. Auch das erklärt die Historikerin: „Es ist bekannt, dass die Herren von Oberstein besonders an den kostbaren Edelsteinvorkommen interessiert waren, die schon im 14. Jahrhundert im Saar-Nahegebiet gefunden wurden. 1375 werden sie erstmals von dem Metzer Domherrn Otto von Diemeringen erwähnt. Urkunden aus den Jahren 1368 und 1375/76 bezeugen, dass die Daun-Obersteiner Herren – möglicherweise Emich II. (genannt 1342–1372) und sein Sohn Philipp II. (genannt 1393–1423) – Ländereien um Freisen und Oberkirchen kauften und teilweise von Lothringen zum Lehen erhielten. Rund um Freisen und den Weißelberg bei Oberkirchen sind besonders schöne Achate entdeckt worden. Es ist wohl kein Zufall, dass die Daun-Obersteiner sich schon früh diese Gebiete in ihren Herrschaftsbereich einverleibten. Der Achatabbau im Steinkaulenberg im Idar-Obersteiner Stadtteil Algenrodt erfolgte wohl erst im 15. Jahrhundert.“
Eine Abgabenverordnung von 1497 über die Schürfrechte sicherte Wirich IV. eine reiche Einnahmequelle. Gegen die Abgabe eines jeden dritten Zentners durften die Untertanen nach Edelsteinen graben. Verstöße wurden „bey Leib vndt Lebensstraff“ geahndet. Der Abbau von Achaten, Amethysten, Jaspisen und anderen Mineralien besaß somit einen nicht unbedeutenden finanziellen Stellenwert. Die historischen Quellen und die Darstellungen der heiligen Barbara auf den Kacheln eines Ofens im Obersteiner Schloss legen nahe, dass die Schutzpatronin nicht nur wegen ihrer Tapferkeit, Standhaftigkeit und als Nothelferin verehrt wurde, sondern auch von den im Bergbau arbeitenden Untertanen Unheil abwehren sollte. red
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